Am 21.01.2016 hat die Stadt Essen die Vorlage 0002/2016/6B mit Betreff „Unterbringung von Flüchtlingen in 2016/2017“ veröffentlicht.
Den sich darin ankündigenden Richtungswechsel zu einer höheren Berücksichtigung von Natur- und Umwelt-Belangen und einer stärkeren Nutzung bestehender Immobilien begrüßen wir ausdrücklich. Aus unserer Sicht ist dies ein erster Schritt in die richtige Richtung. Jetzt ist es wichtig, konsequent weitere Schritte folgen zu lassen und auf die Inanspruchnahme landschaftlich schützenswerter sowie landwirtschaftlicher Flächen und Wald ganz zu verzichten.
Nach den aktuellen Plänen der Stadt Essen soll im Landschaftsschutzgebiet südlich der Lahnbeckestraße in Essen-Leithe eine Flüchtlingsunterkunft errichtet werden. Die Bürgerinitiative Pro Landschaftsschutz Leithe lehnt diese Pläne entschieden ab.
Wir unterstützen die Ideen, die der Runde Umwelt-Tisch Essen (RUTE) in seinem Schreiben vom 20.01.2016 an Herrn Oberbürgermeister Kufen formuliert. Dazu zählen insbesondere die Fokussierung auf bestehende Wohnungsleerstände und die Einrichtung vieler kleinerer Standorte. Die Bebauung des Landschaftsschutzgebietes südlich der Lahnbeckestraße lehnt auch der RUTE ab.
Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans hat in seiner heutigen Rede beim Neujahrsempfang der SPD herausgestellt, dass die Aufteilung auf kleinere Standorte vermutlich kostenintensiver ist, wahrscheinlich aber im Hinblick auf den sozialen Frieden die bessere Lösung darstellt. Diesem Gedanken schließen wir uns vollumfänglich an.
Als Begründung für unsere Position haben wir ergänzend zu unserem offenen Brief an Herrn Oberbürgermeister Kufen vom 05.01.2016 weitere Argumente nachstehend aufgeführt.
Argumente gegen die Bebauung des Gebietes
„Lahnbeckestraße“
1. Landschaftsschutz
Die Lahnbeckestraße teilt das in der Vorlage ausgewiesene Grundstück in eine nördliche und eine südliche Fläche. Der südliche Teil liegt gemäß Landschaftsplan Essen im Landschaftsschutzgebiet Nr. 3.4.3 „Ackerterrassen entlang der Stadtgrenze zu Bochum und Gelsenkirchen“. Laut Stellungnahme der Unteren Landschaftsbehörde vom 20.04.2015 ist die Fläche insbesondere schützenswert zur Erhaltung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit, für die Erholung, das Klima und als Freiraum innerhalb eines regionalen Grünzuges.
Der Regionale Flächennutzungsplan weist die Fläche als Bereich zum Schutz der Landschaft und der landschaftsorientierten Erholung, als allgemeinen Freiraum und Agrarbereich sowie als Regionalen Grünzug aus.
2. Klima- und Artenschutz
Im Rahmen des Projektes Bedarfsgerechte Flächenentwicklung wurde das Gebiet bereits im Jahr 2015 intensiv von der Stadt Essen geprüft. Danach dient es dem Klimaschutz als „unverzichtbare Frischluftschneise für die dicht besiedelten Stadtteile“. Die südliche Teilfläche besteht aus einer Waldfläche und einem Ackersaum mit dichten Hecken und Gebüsch und stellt wertvollen Lebensraum für Brutvögel dar. Eine Bebauung würde den Verlust wertvollen Lebensraums für viele Arten bedeuten, darunter der Buntspecht, die seltene Klappergrasmücke (gefährdeter Brutvogel, Rote Liste NRW) und die Feldlerche (starker Bestandsrückgang, Rote Liste NRW). Laut Vorlage 1894/2015/6B ist eine Artenschutzprüfung erforderlich: „Zeitlich ist zu berücksichtigen, dass die Artenschutzprüfung nicht vor Juli 2016 abgeschlossen wäre; erst danach könnte entschieden werden, ob und wann die Fläche in Anspruch genommen werden kann.“
3. Beschaffenheit des Standortes
Die südliche Teilfläche dient bereits heute als Ersatzfläche für ein Waldgebiet. Deshalb müsste zunächst durch die Untere Forstbehörde geklärt werden, ob Ersatz für die zugeordnete Waldersatzfläche geschaffen werden kann und ob die Beseitigung des Waldes überhaupt möglich ist. Wir halten das für fraglich, da laut Vorlage 0002/2016/6B die „wesentlichen Voraussetzungen für die Bebauung“ (S. 13), nämlich Ankauf einerseits und Schaffung der Voraussetzung für den Waldersatz und -ausgleich andererseits, noch immer ungeklärt sind. Im Hinblick auf die aktuelle politische und mediale Diskussion über die gleichmäßige Belastung aller Essener Stadtteile wäre es ausgesprochen wichtig, die Ersatzfläche nicht in andere Stadtteile zu verlagern. Diese Vorgehensweise gilt bislang als „ungeschriebenes Gesetz“ und war in der Vergangenheit stets üblich.
Die Ableitung von Schmutzwasser ist mit hohem Aufwand verbunden, die von Regenwasser gar nicht möglich. Darüber hinaus wäre die aufwändige Verlegung von Leitungen zur Gasversorgung notwendig. Außerdem liegt eine Ordnungsverfügung vor, die Gespräche mit der Bezirksregierung Düsseldorf voraussetzt.
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