Einwände gegen die Waldrodung

Gemäß öffentlicher Bekanntmachung des Regionalforstamtes Ruhrgebiet vom 28.01.2016 liegt ein Antrag auf Rodung von Wald zum Zwecke der Umwandlung in eine andere Nutzungsart vor. Betroffen sind u. a. die Grundstücke an der Lahnbeckestraße in Essen-Leithe (Flur 11, Flurstücke 74, 409, 416, 77, 98 und 417).

Gegen die Waldumwandlung erheben wir folgende Einwände:

  1. Die Bezirksvertretung für den Stadtbezirk VII hat sich am 09.02.2016 einstimmig dafür ausgesprochen, bei der von der Verwaltung vorgeschlagenen Fläche an der Lahnbeckestraße in Leithe den Wald als Baumersatzfläche zu erhalten.
  2. In einer Sondersitzung am 01.02.2016 hat der Beirat der Unteren Landschaftsbehörde der beabsichtigten Landschaftsrechtlichen Befreiung von den Verboten des Landschafts­plans Essen gemäß § 67 Absatz 1 Nr. 1 BNatSchG widersprochen.
  3. Gemäß Begründung zum Bebauungsplan Nr. 38/72 („Lahnbeckestraße/Rodenseel­straße“) ist „nördlich der Straße »Im Helf« eine 50 m breite Grünfläche als Schutzfläche gemäß § 9 (1) Ziffer 14 BBauG mit einer Bindung zur Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern als flächendeckende Schutzpflanzung […] festgesetzt“. Diese Grünfläche liegt innerhalb des von der beantragten Rodung betroffenen Gebietes.
  4. Die für die Umsetzung des Antrags notwendigen Erleichterungen im Bauplanungsrecht zur Unterbringung von Flüchtlingen sind nur anwendbar, wenn keine alternativen Unterkunftsmöglichkeiten bereit gestellt werden können (§ 246 BauGB). Wie allein schon die über dreihundert Vorschläge in der Ratsvorlage 0002/2016/6B belegen, gibt es aber zahlreiche Möglichkeiten zur Unterbringung. Jüngstes Beispiel für vorhandene Alternativflächen ist der von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Standort „Verkehrsübungsplatz“ in Frillendorf. Die Rodung von Waldflächen ist daher nicht notwendig und stellt keine der Sachlage angemessene Maßnahme dar.
  5. Gemäß § 39 Landesforstgesetz NRW ist die Genehmigung zur Waldumwandlung zu versagen, wenn die Erhaltung des Waldes im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn der Wald in der Gemeinde einen geringen Flächenanteil hat oder für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, den Schutz natürlicher Bodenfunktionen im Sinne des Bundesbodenschutzgesetzes, die forstwirtschaftliche Erzeugung, das Landschaftsbild oder die Erholung der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung ist oder dem Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissions­schutzgesetzes dient und die nachteiligen Wirkungen der Umwandlungen nicht durch Nebenbestimmungen abgewendet werden können. Laut Landschaftsplan Essen ist die Fläche als Teilgebiet der Ackerterrassen entlang der Stadtgrenze zu Bochum und Gelsenkirchen schützenswert „insbesondere wegen der Bedeutung des Gebietes für
    1. die Erhaltung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit,
    2. die landschaftsorientierte Erholung,
    3. das Klima, sowie der Bedeutung
    4. als Freiraum innerhalb eines regionalen Grünzuges.“

     

    Die Voraussetzungen für eine Genehmigung liegen somit nicht vor.

  6. Sowohl der Wald als auch der angeschlossene Ackersaum mit dichten Hecken und Gebüsch stellen wertvollen Lebensraum für Brutvögel dar. Eine Bebauung würde den Verlust wertvollen Lebensraums für viele Arten bedeuten, darunter der Buntspecht, die seltene Klappergrasmücke (gefährdeter Brutvogel, Rote Liste NRW) und die Feldlerche (starker Bestandsrückgang, Rote Liste NRW).
  7. Aufgrund zahlreicher Hinweise auf planungsrelevante Arten ist eine Artenschutzprüfung durchzuführen. Die Ergebnisse der zuletzt durchgeführten Prüfung sind nicht hinreichend aktuell.
  8. Es handelt sich um eine Waldersatzfläche. Diese wurde aufgeforstet, weil bereits an anderer Stelle im Stadtgebiet Wald beseitigt wurde. Diese Waldersatzfläche jetzt wiederum zu beseitigen, widerspricht dem Naturschutz.
  9. Der Waldersatz für den Wald an der Lahnbeckestraße darf nicht auf landwirtschaftlichen Flächen in Essen erfolgen.
  10. Der zehn Meter schmale Streifen, der zum Acker hin erhalten werden soll, reicht nicht aus, um seine Funktionen für die Tierwelt zu erfüllen.
  11. Eine wichtige Frischluftproduktionsfläche für die dicht besiedelten Stadtteile geht verloren.
  12. Der Regionale Grünzug C ist durch Baumaßnahmen in der Vergangenheit bereits so verschmälert worden, dass er eine weitere Verschmälerung nicht mehr verträgt.
  13. Die Umwandlung der Fläche steht im Widerspruch zu den Zielen der Bundesregierung zur Eindämmung des Flächenverbrauchs und der dauerhaften Versiegelung.
  14. Die Stadt Essen hat sich bei der Europäischen Kommission als „Grüne Hauptstadt Europas 2017“ beworben. In der Bewerbung wird einerseits die Bedeutung der Landschaftsschutzgebiete hervorgehoben, andererseits werden auch verbindliche Ziele formuliert, die in deutlichem Widerspruch zur Bebauung stehen. Im Falle einer Bebauung sind weite Teile der Bewerbung hinfällig. Der Titel „European Green Capital“ wäre dann nicht mehr haltbar.
  15. Die Pläne haben keinen Rückhalt in der Bevölkerung. Innerhalb nur eines Monats haben allein bei unserer Initiative über 7.000 Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme gegen die Bebauung von Essener Landschaftsschutzgebieten abgegeben.
  16. Wenn – wie laut Ratsvorlage 0002/2016/6B geplant – vierhundert Personen am Rande der Landschaft untergebracht werden, führt dies zu erheblichen Störungen in der Landschaft.
  17. Es ist zu befürchten, dass die Flüchtlingsunterkunft nach Aufgabe nicht zurückgebaut wird, sondern ganz oder teilweise in der Landschaft stehen bleibt.
  18. Es ist ebenfalls zu befürchten, dass die Fläche nach Aufgabe der Flüchtlingsunterkunft dauerhaft bebaut wird.

Wir fordern die Untere Landschaftsbehörde deshalb auf, den Antrag auf Waldrodung zurückzuziehen. Nach wie vor sind wir bereit und willens, alle notwendigen Maßnahmen für den Erhalt der Landschaftsschutzgebiete in Essen-Leithe zu ergreifen – gegebenenfalls auch auf dem Rechtsweg.


Dieses Dokument steht auch als PDF zum Download zur Verfügung.